Ein Unentschieden gegen einen Aufsteiger bei dem viele Defizite offenbart wurden. Positiv sind die Fans zu erwähnen, die 90 Minuten wie eine Eins hinter der Mannschaft standen. Ansonsten hat die junge Mannschaft viele individuelle Fehler begangen und konnte vom Glück sagen, dass das Spiel nicht verloren ging.
Aufstellung vom HSV
In der Verteidigung spielten beide Chelsea Neuzugänge Mancienne und Bruma. Westermann rückte dafür in das defensive Mittelfeld. Ein kompaktes Mittelfeld mit Elia, Son, Skjelbred und Töre sollte die einzige Sturmspitze Petric mit Bällen füttern und die kompakte Hertha Defensive in Verlegenheit bringen.
Bruma wurden von Anfang seine Grenzen aufgezeigt. Er ist ein Talent, hat ein paar Einsätze in der Nationalmannschaft, aber die Bundesliga ist doch ein anderes Kaliber. Vielleicht war es auch die Kulisse, die ihn beeindruckte, auf alle Fälle war er das ganze Spiel über ein Unruheherd. Nun erwarteten sich viele HSV Fans gerade von ihm mehr Sicherheit in der Abwehr. Obwohl es schon eine Offenbarung ist, wenn die Fans in einem 19-jährigen Spieler einen Heilsbringer sehen.
Bruma braucht noch ein paar Spiele, in denen er sich an die Bundesliga gewöhnen muss und wird. Dieses gilt auch für den zweiten Neuzugang ohne Bundesligaspiel: Skjelbred. Er bemühte sich, er lief viel, er bot sich an, aber in den Zweikämpfen schien es, als wäre er jedes Mal überrascht, wie die Gegenspieler in der Bundesliga attackieren. Er wirkte oft einen Schritt zu langsam und auch die Abstimmung mit seinen Mitspielern zeigte – verständlicherweise – noch Schwächen.
Auch Skjelbred wird noch ein paar Spiele brauchen, um eine Verstärkung zu sein. Allerdings braucht er – genau wie Bruma – die Spiele, um die Wettkampfhärte zu erlangen.
Elia ist leider ein Schatten seiner selbst. Warum Elia überhaupt kein Bein mehr auf den Boden bekommt, kein Zweikampf mehr gewinnt, ist mir ein Rätsel, aber wohl nicht nur mir. Er wird sich mit dieser Leistung erstmal aus der Mannschaft gespielt haben, obwohl mir Jansen nicht viel besser gefiel.
Jansen war nicht so auffällig, wie noch in Dortmund. Er konnte kaum Akzente nach vorne setzen, war aber in der Rückwärtsbewegung engagierter.
Töre versucht derzeit leider nur noch zu dribbeln und spielte keinen Ball sofort weiter. In einigen Vorbereitungsspielen zeigte er, dass er sehr schnell spielen kann. Und es wurde gerade deshalb gefährlich, weil vorne mit One-touch gespielt wurde. Die Dribblings reißen nicht die Lücken, die es bräuchte, um seine Mitspieler einzusetzen. Hier wäre es angebrachter zu variieren.
Son versuchte im Mittelfeld die Fäden in die Hand zu nehmen. Er hat einige Zweikämpfe gewonnen und den Ball dann gefährlich nach vorne gespielt. Wenn es nach vorne ging, dann meistens über ihn.
Ein Totalausfall war Petric. Ich würde mir wünschen, dass er seine Konditionsdefizite erst aufholt, bevor er wieder auf dem Platz steht. Mit seinem Standfußball schadet er der Mannschaft. Er gewinnt keinen Ball, er kann keine Bälle festmachen, seine Abspiele landen beim Gegner. Nicht wenige Gegenangriffe leitete er so ein. Der HSV spielte eigentlich mit 10 Mann gegen 12 Herthaner.
Westermann bekam in der Defensive keinen Zugriff und war überfordert. Aber er behielt immer den Kopf oben und versuchte voran zu gehen, was ich ihm hoch anrechne. Allerdings kam selten etwas Gutes dabei heraus.
Aogo und Diekmeier waren mehr in der Defensive beschäftigt, als ihnen lieb sein konnte.
Mancienne war für mich der beste Mann auf dem Platz. Er war der einzige Verteidiger, der eine gewisse Ruhe ausstrahlte, obwohl die Defensive unter Druck stand und sich ständig Angriffen der Herthaner gegenüber sah.
Drobny machte bis auf seinen Fehler ein gutes Spiel. Leider hielt er den Schuss gegen Torun nicht. Der Fehler, als er den Eckball unterläuft und zum Ausgleich führte war sehr ärgerlich, da nur noch 1 Minuten gespielt wurde. Dieser Fehlgriff passte zur heutigen Leistung und zeigte die Verunsicherung.
Spielverlauf
Wie ich bereits vermutete, spielte Hertha in der Fremde ohne Druck auf. Sie konnten nur gewinnen, keiner erwartete etwas von ihnen und so spielten sie auch. Es glückte alles. Jeder Ball kam an, Kombinationen glückten, sie waren bissiger in den Zweikämpfen und ständig in Bewegung.
Der HSV bekam von Anfang an keinen Zugriff auf das Spiel. Westermann und Skjelbred bekamen das Spiel nicht in den Griff und konnten keine Akzente setzen. Mit Petric und Elia fielen zwei weitere Spieler aus, so dass das Hamburger Angriffsspiel nur aus Töre und Son bestand. Entsprechend wenig kam dabei heraus. Die einzige gefährliche Aktion war, als Son sich gut durchsetzte und Petric (unfreiwillig) bediente, der dann im Sechszehner gefoult wurde. Den Freistoß schoss Petric sicher und der HSV führte.
Ich hoffte, dass dieses Tor der Mannschaft Selbstvertrauen geben würde, aber die Hertha erhöhte sofort den Druck, so dass der Vorteil keiner mehr war. Die Unsicherheiten beim HSV schlichen sich sofort wieder ein. Es war deutlich zu sehen, dass die jungen Spieler zwar wollten, sich einsetzten, kämpften und liefen, aber sie trafen die falschen Entscheidungen. Sie spielten oft dem Gegner in die Füße, so dass dem Ball ständig hinterher gelaufen wurde. Das kostete Kraft und weiteres Selbstvertrauen.
Hertha spielte zügig nach vorne und hatte einige sehenswerte Angriffe, die sie 3x ans Aluminium setzten.
Leider führte ein Fehlpass von Töre zu einem Tempogegenstoß kurz vor der Halbzeit, der dann zum Ausgleich abgeschlossen werden konnte. Das war schade, da es nur noch eine Minute zu spielen war. Bei dem eingeleiteten Umbruch des HSV werden solche Fehler der jungen Spieler noch häufiger zu sehen sein. Solang das Publikum die Jungen weiter anfeuert, werden sie aus ihren Fehlern lernen. Dann ist es eine Frage der Zeit, wann sie die Sicherheit erlangen, um souveräner zu spielen.
In der zweiten Halbzeit kam Tesche für Skjelbred was die Defensive etwas stabilisierte, aber immer noch Lücken offenbarte. Bruma blieb auf dem Platz. Ich hoffe, dass Bruma sich durch dieses Spiel nicht den Schneid abkaufen ließ und es nächste Woche gegen Bayern einfach besser macht.
Son gewann einen Zweikampf an der Mittellininie und lief auf das Tor. Aus 26 Meter schoss er unhaltbar ins Tor und wieder dachten alle Fans, dass das Spiel nun nach Hause geschaukelt würde. Endlich konnte sich der HSV eigene Torchancen erspielen, auch hier war wieder Son beteiligt.
Jarolim kam Mitte der zweiten Halbzeit für Petric, was viele als eine defensivere Aufstellung hielten. Das sehe ich nicht so, denn es kam zwar ein Mittelfeldspieler, aber dafür ging Son in die Spitze. Also spielte der HSV immer noch mit einem 4-2-3-1-System. Nur spielte der HSV jetzt mit einer wirklichen Spitze, die sich auch bewegte und am Spiel des HSV teilnahm.
Es sah nach vorne wesentlich gefälliger aus und wieder bin ich der Meinung, dass die Mannschaft wie befreit spielt, wenn Petric nicht auf dem Platz steht. Ich würde mir wünschen, dass Son als Spitze spielt und Petric erstmal fit wird.
Fazit und Ausblick
Es war das erste Spiel für Bruma und Skjelbred. Das zweite Bundesligaspiel für Mancienne und Töre. Diese Spieler werden sich steigern und zu den erwarteten Verstärkungen werden, aber sie brauchen noch ein paar Spiele.
Elia und Petric sind seit zwei Spielen ein Totalausfall und sollten eine Denkpause erhalten. Jansen spielte effektiver, wenn er gegen Hertha auch nicht so glänzen konnte. Vorne in der Spitze sollte Son spielen. Er hat unter anderem im LIGA Total Cup gezeigt, dass er auch gegen „große“ Gegner Tore schießen kann. Auch heute hat er ein sehenswerten Treffer erzielt. Ihm sollte Oenning vertrauen.
Westermann auf der 6 war ein Versuch, der missglückte. Entweder spielt er für Bruma in der Innenverteidigung oder aber er macht Rincon Platz.
Die Fans haben die Mannschaft angefeuert und die Ruhe behalten. Die Mannschaft braucht die Fans, gerade wie an Tagen wie heute, wo nach vielen missglückten Aktionen das Selbstvertrauen schwand.
Die Spieler sollten weiter an sich glauben. Es fehlen Automatismen. Eine Mannschaft braucht ein paar Spiele, um sich einzuspielen. Viele Spieler waren in der Vorbereitung nicht dabei, waren verletzt, bei der Copa oder noch bei anderen Vereinen. Die Mannschaft muss in Ruhe weiterarbeiten und die Schwächen abstellen. Die Qualität ist vorhanden, es muss nur noch dran gearbeitet, dieses auf den Platz zu bringen.
Ich bin davon überzeugt, dass von Spiel zu Spiel Verbesserungen und Fortschritte zu sehen sein werden. Bis dahin müssen wir ein wenig auf Glück hoffen. Dass nicht wie heute das Unentschieden durch einen individuellen Fehler kurz vor Schluss entsteht. Dann werden auch die nötigen Punkte eingefahren.